Zehntscheuern Hotspot der Historienstadel-Stadtführung “Ritter und Rose”

„Unsere Untertanen sind sonst wirklich friedlich und fleißig, aber den steuerfreien Ausschank von Wein, den missgönnen sie uns in ihrem Unverstand!“ So stellte Gräfin Johanna von Eberstein beim Anblick der erbosten Marktfrauen empört fest. Wie üblich beim Historienstadel wurde auch bei der Führung „Ritter und Rose“ am Mittwoch, den 6. Juli zum Vergnügen der zahlreichen Gäste Gernsbacher Stadtgeschichte durch gespielte Szenen veranschaulicht.

Dabei hatten alle Spielszenen einen historischen Hintergrund, sei es das Auftreten der verarmten Pilgerin, der örtlichen Baderin, der unheimlichen Palastwache, der Frau des Torwächters, des städtischen Baumeisters, des Stadtwachtmeisters oder des berüchtigten Grafen Wolf von Eberstein. Die Interessen der Untertanen und der Herrschaft prallten an den Zehntscheuern besonders hart aufeinander und erlaubten einen Blick in die verwickelten Zehntverhältnisse. Den „Zehnten“, das Recht auf einen Teil des landwirtschaftlichen Ertrages (besonders an Getreide und Wein), hatte die Stadt im 16. Jahrhundert vom Domstift Speyer (dem der Zehnt eigentlich zum größten Teil zustand) gepachtet. Die Stadt sammelte den Zehnt also selbst ein und zahlte Speyer dafür eine Pachtsumme. Als sich Gernsbach 1583 von der Leibeigenschaft loskaufte, war eine Kompensation an die Stadtherren, die Grafen von Eberstein und die Markgrafen von Baden, fällig. Die Stadt übertrug ihnen unter anderem zwei Drittel des Weinzehnten, also eine Einnahme, die eigentlich Speyer zustand. Das führte dazu, dass der Pachtvertrag nicht gekündigt werden konnte, als er durch die Erhöhung der Pachtsumme für die Stadt sehr ungünstig geworden war.

Dazu kam noch das Recht der Ebersteiner, vier Fuder (etwa 4400 Liter) Wein steuerfrei auszuschenken, während die Bürger auf jeden Weinverkauf Steuern zahlen mussten. Das sei nur gerecht, argumentierte Gräfin Johanna bei der Stadtführung. „Eine Regierung braucht immer mehr Geld! Sie trägt schließlich die Verantwortung!“ Es spielten Günther Schermer (Stadtwachtmeister), Albrecht Ziegler (Stadtbaumeister, Wolf von Eberstein), Angelika Mantar (Frau des Torwächters), Cornelia Renger-Zorn (Gräfin Johanna) und Mitglieder der SV Ottenau (Amanda Anselm, Elvira Lumpp, Maggie Maier, Rita Rieflin, Gabi Zapf, Doris Zegarra).