Ein Baustein im Konfirmationsunterricht in Gernsbach widmete sich dem Gernsbacher jüdischen Leben. Im Rahmen der Aufarbeitung von Tod, Sterben, Trauer ging es auch um die Erinnerungen an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger in Gernsbach. Von der Diakonin Lea Gessler und Pfarrerin Christina Wächter der St. Jakobsgemeinde Gernsbach begleitet, wurde ein Rundgang auf dem evangelischen Friedhof unternommen. Der zweite Teil der Unterrichtseinheit widmete sich dem jüdischen Leben in Gernsbach.
Wie gingen die jüdischen Gernsbacher damit um, als ihnen in den 1930er Jahren unter der Naziherrschaft die Möglichkeit zu leben und zu arbeiten, eingeschränkt wurde und sie verfolgt und deportiert wurden? Wie gingen die Nachbarn damit um, ihre Freunde, Schulkameraden und Nachbarn? Anhand von Aussagen von ehemaligen Gernsbachern, die diese Zeit vor Ort erlebt haben und deren Erinnerungen überliefert sind, wurde dies den Konfirmandinnen und Konfirmanden nähergebracht. Dazu wurden die Jugendlichen vor das Wohnhaus und die Stallungen von Lion Marx geführt, der ganz in der Nachbarschaft der St. Jakobskirche zu Hause war. Eine ausführliche Beschreibung findet sich in der Broschüre “Auf dem Sabbatweg”.
Eine sehr eindringliche Erinnerung ist von Ernst Pappenheim überliefert, der auf der anderen Murgseite in der Igelbachstraße lebte. Er wurde am 10. November 1938 als 27-jähriger von den Nazis nach Dachau deportiert, 40 Tage später kam er aus der sogenannten „Schutzhaft“ wieder zurück nach Gernsbach und wanderte nach Israel aus.
Er gab seine Erinnerung im Rahmen des Projekts von Steven Spielberg zu Protokoll. Nach dem Film „Schindlers Liste“ gründete Steven Spielberg die Survivors of the Shoah Visual History Foundation, mit dem Ziel, eine Sammlung von Interviews mit Überlebenden und anderen Zeugen des Holocaust anzulegen. Zwischen 1994 und 1999 trug die Stiftung rund 52.000 Zeitzeugeninterviews aus 56 Ländern in 32 Sprachen zusammen. Darunter finden sich auch die Erinnerungen an Dachau des Gernsbachers Ernst Pappenheim (E), der als 85-Jähriger interviewt wurde. Auf die Frage „Were there people who passed away, that died, in Dachau?“ (S), antwortete er:
E: That, yes. We saw it. Every day, we saw people dying.
S: From what?
E: From various causes. For example, the ones with diabetes had no way to survive. They didn’t receive insulin. They received nothing. No one took care of them, so they died. Yes. There was a place colled Lazreze, which means hospital. They died. They didn’t spend enough energy on them. There were those like my cousin who died right there on the spot without…. Because he had a heart attack and did not receive sufficient help. The risoners who felt ill, they sent them there, they put them there. What could have happened there, you can’t imagine….“
Wie gehen Menschen damit um, wenn ihnen so etwas geschieht, wenn sie Zeuge von solchen Ereignissen werden? Wie konnte dies geschehen? Wie konnte es soweit kommen?
Fragen, die nicht nur im Konfirmationsunterricht gestellt werden sollten. Und auf die wir immer noch keine Antworten haben.