Gernsbacher Reaktionäre-Hüter von Ruhe und Ordnung?

Der dritte Vortrag im Rahmen der Reihe “175 Jahre Badische Revolution” am 27. Februar 2024 beschäftigte sich mit den antidemokratisch eingestellten Gernsbachern und ihren Motiven.

Gernsbach war Sitz eines großherzoglichen Bezirksamts, wodurch es verhältnismäßig viele Beamte in der Stadt gab, die aufgrund ihrer gehobenen Besoldung und amtlichen Autorität eine beherrschende Stellung genossen. Die meisten Stadtbewohner allerdings fühlten sich durch ihr Regiment unerträglich bevormundet und gegängelt. Das Verhalten der beiden Amtsleiter Georg Albert Öhl und Ludwig Dill machen diese Verhältnisse deutlich. Als loyale Vertreter des großherzoglichen Regimes hielten sie kompromisslos an überholten politischen Strukturen fest, die auf lange Sicht keine Zukunft hatten. Das Amtshaus (heute nicht mehr existent) als Sitz des Bezirksamts Gernsbach, gegenüber dem Alten Rathaus, galt als ein Hort der Reaktion.

Aber nicht nur die Staatsdiener, sondern auch der größere Teil der Gernsbacher Bürger stellten sich 1849 nicht gegen das fürstliche Regime. Die einen handelten aus Überzeugung, darunter besonders die Geistlichen, andere aus Angst vor Anarchie und der “roten Republik”, wieder andere hegten den bürgerlichen Wunsch nach Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung. Hinzu kam die Angst vor den Folgen der militärischen Niederlage, die spätestens seit Mitte Juni 1849 zu befürchten war. Inwieweit bei etlichen Bürgern handfester Opportunismus eine Rolle gespielt haben mag, können wir aus heutiger Sicht kaum mehr beurteilen.

Wie alle Badener standen damals auch die Bürger von Gernsbach vor dem Dilemma “Demokratie ohne Frieden” oder “Frieden ohne Demokratie”.  Gerade heute sind ihre Überlegungen und Entscheidungen es wert, besonders betrachtet zu werden.