Der Freiheit eine Gasse! Keine Heimattümelei im Jubiläumsjahr!

Vor 175 Jahren gingen die Badener auf die Barrikaden. Auch in Gernsbach kämpften die Bürger für Freiheit und Mitbestimmung gegen Bevormundung, Zwang und Ungerechtigkeit. Daran erinnerte die Stadt Gernsbach beim Altstadtfest 2024 mit der Aufführung des Szenenspiels „Der Freiheit eine Gasse!“

Die Zuschauerinnen und Zuschauer bekamen etwas zu sehen, das sie nicht erwartet hatten, wie viele nachher versicherten. Auf keinen Fall handelte es sich um eine – mehr oder minder heimattümelnde und daher flache  – szenische Nacherzählung der damaligen Ereignisse.  Autorin und Mitwirkenden lag daran, die Relevanz der Geschehnisse von 1849 für unsere moderne Gegenwart aufzuzeigen – weit über das Jubiläumsjahr 2024 hinaus.

Gleich zu Beginn fanden sich die Zuschauer inmitten einer turbulenten Szene im Hier und Heute wieder, bevor die geheimnisvolle „Zeitenwandlerin“ sie ins Jahr 1849 führte, wo sie miterleben, wie der Einsatz für Recht und Freiheit vom Militär der Fürsten gewaltsam beendet wurde. Die Menschen, die damals ihre Existenz für Freiheit und Demokratie aufs Spiel setzten, wurden zu Verbrechern abgestempelt. Dennoch haben sie die deutsche Geschichte geprägt und ihr Beispiel ist gerade heute wieder hochaktuell. Die Reichsverfassung, für die sie kämpften, ist Vorbild der Weimarer Verfassung und des Bonner Grundgesetzes, und wir müssen uns fragen, zu welchem Einsatz wir bereit sind, um Demokratie und Menschenrechte zu bewahren.

Das von Cornelia Renger-Zorn verfasste Spiel brachte nicht nur lebendige Lokalhistorie mit authentischen Personen auf die Bühne, sondern schlug auch einen Bogen von der Geschichte zur Gegenwart und zeigte anhand der bohrenden Fragen einer Gruppe von Jugendlichen die aktuelle Bedeutung der Revolution von 1849 für die Gegenwart auf. Unter der Regie von Martin Rheinschmidt spielten Mitglieder der Gernsbacher Freilichtbühne „theater im kurpark“ (tik) zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern der Region. Gespielt wurde in der Rathausstraße Gernsbach am Samstag um 16 und 18 Uhr, und am Sonntag um 14 und 16 Uhr. Alle vier Vorstellungen waren komplett ausverkauft, das Publikum bedachte die Mitwirkenden mit stehendem Applaus.

Parallel zum Spiel gab es das Begleitheft “Der Freiheit eine Gasse”.

Renitente Bürgerin rollt mit großem Getöse eine Tonne über die Gasse. Als ihr ein Passant

mit der Polizei droht, ärgert sie sich über den “Polizeistaat”

Die Zeitenwandlerin wundert sich: Kann’s sein, dass jemand Freiheit kennt, und sie

dann “Polizeistaat” nennt?

Stadtschreiber Raphael Weil verkündet “Das Volk hat gesiegt!”. Bürgermeister

Carl Drissler erklärt sich für die neue revolutionäre Regierung und die Reichsverfassung.

Gaststar Alex Neuwirth aus Rastatt stimmt mit Stentorstimme das Heckerlied an. Auf der Bühne und

im Zuschauerraum folgen ihm alle begeistert.

 

Preußen und andere Truppen haben die Stadt eingenommen. Freischärler und Bevölkerung

fliehen.

Der preußische Offizier kennt keine Gnade: Wir werden euch auspressen, bis ihr quietscht

und um Gnade fleht!

Jugendliche stellen am Schluss unbequeme Fragen ans Publikum! Was ist wichtiger?

Demokratie um den Preis des Friedens? Oder Frieden, um den Preis der Demokratie?